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Wenn da nicht die MTB-Marathons wären...

(Kommentare: 1)

Es kam wie es kommen musste

Das Jahr 2013 ist schon ein recht seltsames. Zunächst reicht der recht harte und schneereiche Winter weit in das rein, was in meinen vorherigen 35 Lebensjahren immer der Frühling war. Und während man noch das Gefühl hatte, der Sommer fiele dieses Jahr auf einen Dienstag, schlug das Wetter auch schon wieder um in Dauerregen. Der Blick in den Wetterbericht hat einem in jener Zeit verraten, ob der Regen stark oder weniger stark ausfiel und ob er wahlweise mit oder ohne kräftigen Sturm einher ging. Es kam wie es kommen musste: die Flüsse und Seen quollen vielerorts meterhoch in die anliegenden Städte. Logische Konsequenz aus all dem: das Mountainbike-Training dieses Frühjahr ist nahezu komplett dem Schnee und Wasser zum Opfer gefallen. Klar, ich habe nahezu jedes halbwegs sonnige Wochenende genutzt, mich auf mein Bike zu schwingen. Dabei rausgekommen sind jedoch gerade einmal drei (in Zahlen: 3!) Fahrten bis Anfang Juni. Ein wahrlich magerer Saisonstart.

Dementsprechend viel Sorgen habe ich mir natürlich um meine frühe Entscheidung gemacht, dieses Jahr am Tegernsee die B-Strecke mitzufahren. Bei der sollte es (aufaddiert) mehr als 1.000 Höhenmeter aufwärts gehen. Und das in Höhenlagen, die ich seit knapp einem Jahr nicht mehr gewöhnt bin. Trotzdem mischte sich diese Sorge auch immer wieder mit Funken der Vorfreude. Es ging schließlich um mein Lieblingsevent. Der wenige Tage zuvor veröffentlichte Wetterbericht und die Erfahrung des Dauerregens der letzten Wochen hat allerdings jeden Vorfreudefunken direkt in Unmengen von Regen ertränkt. Ich habe wahrlich nichts dagegen, auch einmal ein wenig nass zu werden. Das gehört zum Biken schließlich dazu. Aber was das Wetter in diesen Tagen zu bieten hatte, ging weit über "ein wenig Regen" hinaus. Mir war klar: wenn es am 2. Juni, dem Tag des MTB-Marathons am Tegernsee, tatsächlich derart regnen würde, würde ich ganz sicher nicht mitfahren. Dennoch wollte ich zum einen meine Eltern wiedersehen und zum anderen nicht an besagtem Sonntag morgen aus dem Fenster blicken und feststellen müssen, dass ich locker hätte mitfahren können. Also hab ich meine Siebensachen zusammen geräumt, mein Bike samt Werkstatt fit für die Reise gemacht, mir meine Frau geschnappt und bin zum Tegernsee gegurkt, natürlich begleitet von permanentem Regen. Und auch wenn ich am Samstag noch meine Startunterlagen abgeholt habe, war ich mir nahezu sicher, am Sonntag nicht fahren zu können.

Dennoch klingelte pünktlich um 7 Uhr mein Wecker. Der prasselnde Regen verhinderte überdies, dass ich direkt wieder einschlief. Dass ich mich nun endgültig entschied, den Marathon dieses eine Mal auszusetzen, verlor allerdings an diesem Morgen jegliche Relevanz. Denn während der Veranstalter bereits im Vorfeld die Strecken um große Teile kürzen musste, da der Regen wesentliche Passagen unfahrbar gemacht hat, kämpfte die Feuerwehr inzwischen vehement gegen die bedrohlich steigenden Wassermassen des Tegernsees und waren damit unabkömmlich für Streckensicherungen. Dem Veranstalter blieb damit nichts anderes übrig als um 6:30 Uhr spontan das Rennen abzusagen. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass irgendjemand diese Entscheidung angesichts des Wetters bedauert hat. Ich, nicht zuletzt wegen meines Trainingsstandes und der ausladenden Hüften, ganz sicher nicht! Zum Glück war es trotzdem, vielleicht aber auch gerade deshalb, ein richtig schönes und geruhsames Wochenende mit viel Zeit für meine und mit meinen Lieben. Bitter nur, dass nur zwei Tage nach unserem Besuch das Hotel mehr oder weniger unter Wasser stand. Das Schicksal eines ausgefallenen Freizeitvergnügens wie dem MTB-Marathon relativierte sich auf diese Weise etwas.

Die anderen Marathons...

Okay, der Tegernsee-Marathon ist also im wahrsten Sinne ins Wasser gefallen. Aber auch wenn ich sie seit meiner allerersten Marathon-Teilnahme, dem Bike-Marathon in Willingen 2001, sträflich vernachlässigt habe, gibt es sie ja trotzdem: die anderen Marathons. Nachdem ich im letzten Jahr nach Oberfranken umgesiedelt bin, befindet sich meine neue Residenz in greifbarer Nähe zu einer weiteren gar nicht einmal so unbekannten MTB-Marathon-Arena. Der Franken-Bike-Marathon (FBM) in der Gegend um Lichtenfels schien mir als geeignet, einmal ein Auge (bzw. mich mitsamt meinem Bike) auf die Strecke zu werfen. Es gab nur (vorerst) ein Problem: der Marathon sollte schon Ende Juni, genauer: am 23. Juni, stattfinden. Wenig Zeit also, um vorher noch wenigstens ein bisschen zu trainieren. Aber gut, den Tegernseer Marathon wollte ich schließlich auch in dem Zustand mitfahren. Und sowohl die zu fahrende Distanz als auch die Höhenmeter der (in meinem Fall) mittleren Strecke entsprach in etwa dem, was ich schon am Tegernsee vor hatte. Also hab ich mich kurzerhand angemeldet.

Doch damit begann erst das Drama des FBM. Nicht das Wetter war dieses Mal das größte Problem. Das war - entgegen der Vorhersage - garnicht mal so schlecht. Es war nicht allzu warm (die brutale Hitze des vergangenen Wochenendes war glücklicherweise gerade vorbei), regnete aber auch nicht (mehr). Lediglich der heftige Wind sollte mich noch in den Wahnsinn treiben. Nein, vielmehr ich selbst haderte mit gleich mehrere Problemen. Zum einen habe ich mich noch nie so kurzfristig und damit unzureichend auf das Rennen vorbereitet. Die Startunterlagen habe ich erst eine Stunde vor dem Rennen abgeholt. Und auch am Bike habe ich nichts mehr auf Funktion etc. geprüft. So wie es war, habe ich es in aller Eile in mein Auto "geworfen" und bin zum Austragungsort gedüst. Lediglich der rel. kurzen Entfernung zum Heimatort und dem rel. großzügigen Zeitpuffer, den ich mir gegönnt habe, ist es zu verdanken, dass ich - und jetzt wird es wirklich peinlich - noch schnell meinen vergessenen Bikehelm holen konnte. Anderenfalls wäre schon eine Stunde vor Rennbeginn das Rennen für mich zu Ende gewesen. Vielleicht wäre das aber auch ganz gut so gewesen.

Denn was nun folgte, war eine weitaus größere Qual als beide Erlebnisse der C-Marathons am Tegernsee zusammen. Aber zunächst stand ich bei sich allmälich entwickelndem Sonnenschein in einer Meute von grob geschätzt knapp 100 Mountainbikern, die sich mit (oder besser: vor) mir auf die 45km lange Mitteldistanz mit ihren knapp 1.200hm machen wollten. Die Charakteristik erinnerte mich quasi überall an Touren, wie ich sie zuhauf zu Zeiten der Bikerei um Dortmund (Stichwort: Wittener Wälder) erlebt habe. Gelegentliche Abschnitte auf Forstwegen lösten die sonst recht durchweichten Single Trails ab. Kurze aber ziemlich steile Rampen bergauf und technisch mitunter nicht gerade einfach zu fahrende aber recht kurze wurzelige und/oder matschige Abfahrten prägten das Streckenbild. Erholung davon hätten die Feldwege bieten können, die die Verbindung der ausgedehnten Waldpassagen bildeten. Hätte, wäre da nicht dieser unangenehm starke und dauernd präsente Gegenwind gewesen. Gerade Strecken ohne nennenswerte Anstiege haben sich streckenweise wie eine Alpenüberquerung angefühlt.

Nichts desto trotz bot die Strecke dem geneigten Mountainbiker ein tolles Marathonerlebnis. Und auch die Veranstaltung selbst, eine im Vergleich zur jüngsten Entwicklung des Tegernseer Festivals hin zur Großveranstaltung recht gemütliche Veranstaltung des Radsportvereins RVC Trieb hat insgesamt viel Freude bereitet. Allerdings habe ich schon sehr früh nach dem Start festgestellt, dass sich hierher garantiert keine Gelegenheitsbiker verirren. Die Leistungsdichte hat mich bereits nach dem Start voll überrollt. Sicher gibt es bei jedem Marathon einzelne Fahrer, die gleich am ersten Anstieg an einem vorbeischießen, als wollten sie genau dort das Rennen gewinnen. Aber hier sind einfach nahezu alle an mir vorbeigefahren. Und die schienen schon sehr genau gewusst zu haben, was sie taten. Meine wenigen Kräfte einteilend habe ich mich relativ schnell am Ende des Feldes wiedergefunden. Zum Glück hab ich nach einer kleinen Extraschleife unserer Strecke gegenüber der Kurzdistanzstrecke die hinteren Fahrer der kurzen Strecke "eingeholt" und so noch so etwas wie eine Rennatmosphäre erlebt - zumindest, bis selbige ein paar Kilometer später ins Ziel abbogen, während ich nahezu entkräftet - mutterseelenallein - auf die zweite Hälfte meiner Strecke und damit dem Feld hinterher geschickt wurde...

der "Hungerast" hat mich erwischt

Und hier sollte das eigentliche Drama beginnen. Nur wenige Kilometer später haben mich relativ plötzlich scheinbar meine Kräfte verlassen. Anstiege, egal wie flach sie waren, wurden zur puren Qual. Dem zeitweise massiven Wind hatte ich plötzlich nicht mehr viel entgegenzusetzen. Seltsamerweise taten meine Beine dabei kaum weh, anders als bei den zahlreichen Erlebnissen absoluten Lactat-Bombardements meiner Muskeln oder den Krämpfen, die mich üblicherweise begleiten. Ich hatte einfach ziemlich plötzlich keine Kraft mehr, egal wie sehr ich es wollte. Den Effekt habe ich erst sehr wenige Male und auch nur während einzelner Trainings erlebt. Wohl auch deswegen brauchte ich einige sehr quälende Momente, bis ich realisierte, was mit mir passiert ist: der sog. "Hungerast" hat mich erwischt. Mein Körper hat nach Kohlehydraten geschrien, die es nur leider nicht mehr gab. Eigentlich war das auch unausweichlich. Nachdem ich am Vortag sehr viel gegessen hab und zudem am Rennvormittag ziemlich nervös war, hab ich nicht einen Gedanken daran verschwendet, noch etwas zu essen, und wenn es nur eine kohlehydratreiche Kleinigkeit wäre. Und zu allem Überfluss hatte ich weder einen Energieriegel noch ein Gel dabei, mit dem ich diesem Renn-Killer hätte vorbeugen können. So musste ich mir schweren Herzens eingestehen, dass die letzten 12km und etwa 400hm für mich heute nicht mehr zu schaffen waren. Mehr zu Fuß als auf dem Bike habe ich mich noch zwei brutale Anstiege hochgequält und den zum Glück dort positionierten Streckenposten die Aufgabe abgerungen, mir einen Wagen zu schicken, der mich einige Meter weiter talwärts einsammeln und zum Festivalgelände zurückfahren würde.

Ich war mir nicht sicher, ob ich mich freuen durfte, dort meine Frau mit der Wendung konfrontieren zu müssen oder ob ich mich einfach meinem enormen Frust hingeben sollte. Es war wohl ein bisschen von beidem. Schön war jedenfalls, dass Katja soviel Anteil an meinen Freizeitbeschäftigungen nimmt und nicht nur schöne Fotos von selbigen macht sondern mich auch gleich direkt wieder aufbaut, wenn ich, wie jetzt, etwas down bin. Zusätzlich beruhigt es mich aber auch, zu wissen, was eigentlich schiefgelaufen ist. Denn nur dann kann ich beim nächsten Marathon - und der kommt bestimmt - all das besser machen und mich dann voll und ganz auf die Fehler konzentrieren, die mir dort unterlaufen. Ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich einmal mehr vor Material- oder Technikdefekten verschont geblieben bin, sieht man von einer der schlechten Vorbereitung geschuldeten vom kleinen Kettenblatt abspringenden Kette und einem nicht mehr ganz exakt schaltenden Schaltwerk einmal ab. Desweiteren muss ich leider auch diesen Artikel wieder mit meinem langsam obligatorisch gewordenen Abschlusssatz beenden: Mein Körpergewicht, das mit meiner dauernden Unfitness einhergeht, bedarf mittlerweile eines radikalen Entgegenwirkens, sollte ich jemals wieder Spaß am Biken allgemein und am Erlebnis MTB-Marathon im Speziellen haben wollen...

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