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Bewegte Massen (oder: Tegernsee-Marathon 2012)

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Eine Formel, die bereits jeder Physikschüler, egal wie faul er ist, runterbeten kann, ist die Äquivalenz von Kraft und beschleunigter Masse (F=m⋅a ⇔ m=F/a). Daraus habe ich schon vor 2 Jahren eine einmalige und sensationelle Diät entwickelt: ich habe einfach die beim Biken eingesetzte Kraft stark reduziert. Man sollte nach der Formel schließlich erwarten können, dass sich dann meine (Körper-)Masse rapide verringert. Leider habe ich mir selbst empirisch bewiesen, dass sich proportional zur Kraft auch die Beschleunigung verringert und als unangenehme Folge meine träge Masse immer träger wurde. Nicht ohne Grund fahre ich schon seit Jahren immer wieder die Kurzdistanz bei meinem Lieblingsmarathon.

Führungen aller Strecken vollständig überarbeitet

So auch dieses Jahr. Schon zu Beginn des Anmeldezeitraums für den diesjährigen Marathon habe ich mich - weise wie ich bin - für den A-Marathon am Tegernsee angemeldet. Soweit nicht neu. Dieser Marathon ist heuer neuerdings nicht mehr der kürzeste. Überhaupt sind die Führungen aller Strecken nach dem letztjährigen Chaos vollständig überarbeitet worden. Hinzugekommen ist nun eine Strecke mit knapp 270 Höhenmetern und 30 Kilometern. Genannt haben die Veranstalter sie die E-Strecke. Ob das einfach nur der nächste freie Buchstabe im Alphabeth war oder die Benennung daraus resultierte, dass auf jener Strecke aberwitziger Weise nun Elektrobikes, also Fahrräder mit elektrischem Hilfsmotor (sog. E-Bikes), erlaubt waren, bleibt ein Geheimnis der Veranstalter. Ebenso die Gründe für ein derart wettbewerbverzerrendes Reglement. Wie dem auch sei: meine Wenigkeit hat sich ja eh für die A-Strecke gemeldet. Da sie nun knappe 800 Höhenmeter aufweist und diese nicht so angenehm verteilt sind, wie die Anstiege der "originalen" A-Strecke, habe ich dieses Jahr darauf verzichtet, Katja mit missionarischem Eifer zu der A-Strecke zu bewegen. Nach den Erfahrungen des letzten Jahres hab ich es ihr nicht einmal verdenken können, dass sie gar nicht am Marathon teilnehmen wollte. Deutlich weniger als 24 Stunden vor dem Rennen, nämlich noch während wir über das Festivalgelände gestriffen sind und ich meine Startunterlagen in Empfang nahm, hat sich Katja zu meiner großen Überraschung aber auch sehr zu meiner Freude dann doch spontan dazu entschlossen, den Marathon mitzufahren. Dem wenigen Training geschuldet allerdings auf der neuen E-Strecke. Wie sich herausstellen sollte, hat ihr das einen riesen Spaß bereitet und ihre Vorfreude auf das nächste Jahr spontan manifestiert. Und anstrengend war diese Strecke allemal. Denn Katja hat die Ehre der richtigen Mountainbiker veteidigt, indem sie ohne E-Motor mitgefahren ist!

Für alle Strecken gab es auch in diesem Jahr einmal mehr ein riesiges Plus an Meldungen. Allein auf der A-Strecke sind mehr als 600 Mountainbiker gestartet. Als Folge dieser Startermassen war ich auf keinem Streckenabschnitt des Marathons signifikant lange ohne Gegner unterwegs. Die diesjährige Strecke führte uns einen Singeltrail talwärts, den ich bereits von meinen zwei C-Marathons kannte. Der Trail verlangt einiges an Aufmerksamkeit und Handkraft, die dazu führt, dass am Ende einmal alle Gliedmaßen durchgeschüttelt werden wollen. Einige Fahrer, die sich auf solchen Trails weniger wohl fühlen als ich, schieben diesen Trail auch gerne abschnittweise. Und eben solche Fahrer hatte ich beim Rennen auch haufenweise um mich. Dadurch war ich leider immer wieder kurz gezwungen, auf einem eigentlich flüssig fahrbaren Trail zu stoppen oder extrem runterzubremsen. Aber das nimmt man gern in Kauf angesichts der Tatsache, dass man zu jeder Zeit Biker um sich hat, ohne die das Rennen wohl eher den Charakter einer Zeitfahrt hätte.

Nicht so "allein" im Startblock

So gering die Beteiligung des Teams "Seehotel Waltershof" am letztjährigen Marathon im Tal war, so rege war dessen Präsenz dieses Jahr. Neben den zwei erwähnten Akteuren hat auch die (beinahe) ganze Familie Köck, sprich: Peter, Sigrid und der inzwischen nicht mehr annähernd kleine Lars, teilgenommen. Nach der probeweisen Erkundung der A-Strecke hat Sigrid beschlossen, am Rennsonntag doch lieber die neue E-Strecke zu fahren. Katja hat's selbstredend gefreut, war sie schließlich nicht so "allein" in ihrem Startblock. Die beiden Kerle sind allerdings mit mir die A-Strecke gefahren. Mit mir kann man dabei ruhig wörtlich nehmen. Denn, wie sich herausstellen sollte, war mein Abstand zu ihnen die ganze Zeit im Bereich weniger Minuten. Am höchsten Punkt der Strecke, also nach dem langen Hinauffahren unseres Anstieges hat mich plötzlich, zu einem Zeitpunkt, an dem meine Atemluft kaum für die Aufrechthaltung lebenswichtiger Grundfunktionen ausreichte, eine gutgelaunte Stimme von hinten mit den Worten begrüßt: "Hallo, Herr Carbonracer". Zum Glück hat Lars, dem diese Stimme gehörte, an jener Stelle beschlossen, auf seinen Vater zu warten.

So richtig Glück hatten wir mit dem Wetter. Zwar gab es bei meiner letzten Trainingsfahrt vor dem Marathon noch viel Sonne und angenehme Temperaturen. Aber pünktlich zu Beginn der Marathon-Woche wurde es kühler und - was viel schwerer wiegt - deutlich nasser. Sogar die ursprünglich geplante Trail-Abfahrt wurde auf eine parallele, von ihrer Charakteristik her vergleichbare Abfahrt verlegt, da der ursprüngliche Trail wohl den Wassermassen jener Woche zum Opfer gefallen ist. Auch die Aussicht auf das Marathon-Wochenende sah noch wenige Tage vor dem Wochenende im wahrsten Sinne düster aus. Zu unserem absoluten Glück war die Kristallkugel der Meteorologen aber scheinbar ein japanisches Montagsmodell. Pünktlich zum Festivalstart am Samstag vor dem Rennen kam die Sonne raus, die Temperaturen wurden frühsommerlich und die Böden verhältnismäßig trocken. Dieses Wetter konnte Petrus glücklicherweise bis zum Ende des Rennens am Sonntag aufrecht halten. Nicht einmal 5 Minuten, nachdem wir das Bike daheim wieder auf seinen geschützten Parkplatz gestellt hatten, öffnete der Himmel dann seine Schleusen und ergoss in heftigsten Gewittern seine über die letzten zwei Tage angesammelten Reserven.

Fazit:

Mal wieder wurde meine Vorfreude auf das Jahreshighlight nicht enttäuscht. Es herrschte einmal mehr trockenes und frühsommerliches Wetter während des Rennens und das Festival war wieder einmal eine prima Gelegenheit, das sympathische Team Waltershof, auf das man stolz sein kann, in gemeinsamem Interesse wiederzutreffen. Die Hinweise meines Körpers auf nun bereits jahrelang anhaltende Missstände lassen sich allerdings nun nicht länger ignorieren. Zu deutlich fehlt es mir an Grundlagenausdauer und Kraftausdauer. Zu intollerant gehen meine Beine inzwischen mit Laktat um. Und zu sehr bestrafen mich selbige mit Streik für die Mehrarbeit, die sie wegen meines hohen Körpergewichtes am Berg zu leisten haben. Allerdings brauche ich wohl dieses Maß an Brisanz, um tatsächlich effektiv daran etwas zu ändern. Ich fühle mich jedenfalls bereit dafür. Möge die Trainingsstatistik des restlichen Jahres mich nicht am Ende des Jahres Lügen strafen.

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