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Alles anders (Der Tegernsee-Marathon 2011)

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Nicht komplett auf sich gestellt

Der heurige Marathon war in keiner Weise vergleichbar mit den Marathons der sieben vorherigen Jahre. Zunächst einmal ist dieses Jahr Katja, meine süße Freundin mitgefahren. Eine großartige Sache, da sie bis vor drei Monaten nicht einmal ein Bike besaß. Das jedoch änderte sich, nachdem sie mich bat, mit ihr und für sie ein geeignetes Bike in der Region zu suchen. Sie suchte die für sie passende Optik aus, ich die zu ihr passende Technik und Geometrie und so weiter. Am Ende einer ausführlichen Suche stand der Kauf des Ghost Miss 5000. Die Optik gefiel ihr auf Anhieb und die Technik entsprach mind. dem, was ich mir für sie vorgestellt habe. Damit wird sie noch über die Einstiegsphase hinaus glücklich.
Aber ich schweife ab... Meine Freundin Katja ist also das erste Mal in ihrem Leben, und das mit nur sehr wenig Training in den Beinen, den diesjährigen MTB-Marathon des Tegernseer Tals mitgefahren. Nicht nur deswegen habe ich mich ebenfalls entschieden, "nur" den A-Marathon, also die Kurzdistanz, zu fahren. So fällt es nicht so sehr auf, dass auch ich dieses Jahr sehr unfit und einmal mehr zu schwer für ernsthafte Bikerennen bin. Und ich konnte - und das ist viel entscheidender - Katja bei ihrem ersten und damit sehr aufregenden Rennen zur Seite stehen... äh... fahren! Sie selbst war strikt dagegen. Eigentlich wollte sie das überhaupt nicht. Sie wollte mich fahren lassen, mir nicht den Spaß verderben. Hey, ich fahr mit meiner Freundin ein Rennen, das ich auch allein nicht viel schneller oder groß anders gefahren wäre. Was soll da allein schöner oder besser sein? Naja, als schlussendlich der Startschuss fiel, war sie dann doch recht froh, nicht komplett auf sich gestellt zu sein. Und um es vorweg zu nehmen: es gab einen Moment im Rennen, ab dem ich dann doch davon gefahren bin. Ich hatte also in einem einzigen Rennen beides: Biken mit Freundin und Geschwindigkeitsrausch!

Genauso überrascht

Ich schrieb zu Beginn, dass das heutige Rennen komplett anders war. Das zeichnete sich schon weit vor unserem Start ab. Dem schönen Frühsommertag sei dank haben wir es uns gemeinsam mit meinen Eltern und denen meiner Freundin dieses Jahr auf der Terrasse des Seehotels gemütlich gemacht, um noch eine Kleinigkeit zu uns zu nehmen und um den vor uns startenden Gruppen ein wenig Rennatmosphäre abzuringen. Wir, also die A-Streckler, sollten ja wieder die letzten Starter des Tages sein. Zu der Zeit, in der die C-Strecke-Fahrer also das Seehotel wie jedes Jahr passieren sollten, habe ich mich sogar extra von meinem bequemen Stuhl erhoben und mich für einige dezente Fotos in Position gebracht. Und wie auf Bestellung rauschten auch schon die ersten wie gewohnt superschnellen Fahrer durch. Allerdings blieb es dann auch bei eben diesen drei oder vier Bikern. Nicht für Sekunden. Überhaupt! Verwundertes Nachfragen bei den ebenfalls dort positionierten offiziellen Fotografen sowie dem Streckenpersonal ergab, dass die genauso überrascht waren. Keiner wusste Bescheid. Wurde das Rennen abgebrochen? War nun auch unser Start gefährdet?

Einige Vorbereitungstassen Kaffee und ein paar Brötchen später haben wir uns dann ungeachtet jeder Befürchtung auch auf den Weg Richtung Startlinie gemacht. Unsere Eltern haben sich ebenfalls auf ihre Pfade zu den ersten Kamera-Standorten gemacht. Niemand wusste, ob das überhaupt Sinn macht. Am Startpunkt - dieses Jahr ein Stück außerhalb des Ortes - angekommen, war bereits ein riesen Gewusel im Gange. Nichts deutete darauf hin, dass das Rennen ausfallen würde. Allerdings auch nichts darauf, dass überhaupt etwas anders sein würde. Wir haben uns in der Startaufstellung weit hinten einsortiert und ich noch meine Elektronik (Touraufzeichnung, GPS-Logger und Helmkamera) in Gang gebracht. Die restlichen Minuten bis zum Startschuss waren wie üblich mit Konzentration und Bekämpfung der inneren Nervosität angefüllt. Bis um Punkt 11 Uhr der Startschuss fiel. Moment... da fiel ja überhaupt nichts. Was war jetzt los? Gibt es nun doch kein Rennen? Fast 10 Minuten endlos erscheinender Wartezeit später passierte es dann doch: der erlösende Startschuss fiel und das Feld setzte sich langsam aber unaufhaltsam in Bewegung, bis auch wir endlich die Startlinie überquerten.

Garantiert!

Der Anfang der Strecke war durch den verlegten Start- und Festivalbereich ja eh ungewohnt. Als wir dann allerdings im Ort von der Seestraße weg statt wie üblich und geplant durch selbige durch geführt wurden, war mir schlagartig klar, warum wir keine Biker am Hotel vorbeifahren gesehen hatten. Gleichzeitig fragte ich mich aber nun auch, wo sie uns nun entlang führten, um auf die eigentliche A-Strecke zu kommen. Dies sollte nicht passieren. Stattdessen war der eindeutige Kurs nun Richtung Wallberg. Wallbergtalstation hatte mich nun noch nicht in Verwunderung versetzt. Dort hinauf führte uns ja die Jahre zuvor auch zumindest gegen Ende die ganz normale Strecke. Nun verwiesen Schilder und Streckenposten allerdings auf die Mautstraße, die den Wallberg hinauf führte. Das konnte doch nun unmöglich sein. Um mich herum war eine riesig große Menge Freizeitbiker, die sich heute NICHT den absoluten Rest geben wollten, vielleicht sogar, wie Katja, das erste Mal einen Marathon mit wenig Training ausprobieren wollten. Sie würden uns garantiert gleich wieder in irgendeine unbekannte aber talwärts führende Richtung ableiten. Garantiert!

...habe ich gedacht - und zum Glück nicht allzu laut gesagt. Denn eine Stunde später waren wir bereits desillusioniert. Nicht zum Wallberggipfel hinauf, aber zumindest - und das hat es echt schon in sich - den Setzberg hinauf. Und das für ein einsteigerfreundliches Rennen. Nun ja, meine Freundin hat den Anstieg, in dessen Ausprägung sie nie trainiert hatte, mit Bravour gemeistert. Während andere um uns herum schon früh abstiegen und ihr Bike schoben, ist Katja beinahe den gesamten Anstieg gefahren. Das war bewundernswert und beeindruckend. Nun, da nun Katja ihren Rythmus gefunden und die Angst vor Orientierungsproblemen und sonstige Befürchtungen überwunden hatte, gab sie mir (im übertragenen Sinn) einen Klapps auf den Hintern und schickte mich weg. Die nun zu erwarten lange Abfahrt (mir übrigens vom C-Marathon 2007 als Auffahrt bekannt) wollte sie sich voll und ganz auf sich konzentrieren können und mich nicht bremsen. Was ich dann auch glatt ausgenutzt habe. Ich hab es ordentlich rollen lassen. Das Ergebnis, sprich: die Aufzeichnung der Abfahrt mit meiner Helmcam in voller Länge ist übrigens auf YouTube zu sehen - leider in nicht allzu guter Qualität. Danach ging es übrigens über die gewohnte Routenführung den letzten Teil der A-Strecke zurück ins Ziel. Der Berg sollte also wenigstens der einzige des Rennens sein. Ich war mir nun sicher, dass auch Katja die Strecke schafft.

Ich selbst hatte auch nach der Abfahrt noch eine Menge Rennspaß. Denn nicht lang nach der Abfahrt hat mich eine Gruppe sehr schneller Fahrer (vermutlich C- oder D-Strecke) überholt, an die ich mich dann für die Zeit der flachen Fahrt bis zum nächsten kurzen Anstieg drangehängt hab. Hätte ich übrigens den Setzberg alleine bewältigt, hätte ich sicher nicht mehr die Kraft gehabt, mich an diese Gruppe zu hängen. So blieb mir der Spaß, noch einmal kilometerlang richtig Gas zu geben. Und es sei an dieser Stelle erwähnt, dass ich im Ziel ordentlich kaputt war. Ich möchte hier unbedingt den Eindruck vermeiden, ich hätte dieses Jahr einen gemütlichen Radl-Ausflug gemacht.
Auch wenn das Gefühl, dank dieses Jahr ausbleibender Krämpfe mit voller Kraft durch das Ziel zu brausen, schon ein echtes Glücksgefühl war und man mir meinen Spaß sicher ansehen konnte, war dieses Gefühl nichts gegen jenes, ein paar Minuten später meine Freundin im Ziel empfangen und beglückwünschen zu können. Ich war gleichzeitig beeindruckt von ihr und stolz auf sie. Nicht nur deswegen freue ich mich schon jetzt auf das nächste Jahr. Abhängig davon, was der Rest dieses Jahres und der sonst so faule Winter mit sich bringt, könnte ich ja auch mal wieder eine der längeren Strecken ins Auge fassen...

Nachtrag

Bis jetzt bin ich euch ja noch eine Begründung dafür schuldig geblieben, warum dieses Jahr ein derartiges Chaos nötig war. Nun, wie später dem Internet und Tage danach auch der Lokalzeitung zu entnehmen war, gab es offensichtlich einen Holzkopf, der die gesamte Organisation umwarf, indem er die Zusage für die Überfahrt seines Privatweges, die schon mindestens seit dem letztjährigen Rennen bestand, spontan und nur zwei Tage vor dem Rennen zurückzog. Die Organisatoren mussten sich deshalb sehr schnell eine andere Strecke überlegen und diese im Eilverfahren durch die Genehmigungsmühle jagen. Unter anderem dem schnellen und unkomplizierten Eingreifen der Organisatoren und der betroffenen Orte war es zu verdanken, dass wir überhaupt gestartet sind. Der Hammer aber ist, dass unser Start wegen exakt jenem Bauern zunächst aufgehalten wurde. Der hat nämlich mal die Polizei vorbeigeschickt, weil - nach einem Zutrittsverbot zu seinem Grundstück! - niemand die Wegweiser von seinem Grundstück entfernt hatte. Alles klar? Nicht? Dann bist du kein echter Oberbayer. So etwas wirkt nämlich nur aus anderen logischer denkenden Kulturen heraus betrachtet absolut absurd.

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